Sonntag, 22. Juli 2012

Die Knef - fünf Jahre auf der Insel

Rauchen noch gesellschaftsfähig: Hildegard Knef
Leberstraße Nr. 68
Verlässt man den Bahnhof Südkreuz, dann steht man in der Ödnis: Brachflächen und eine BSR-Sammelstelle prägen den Hildegard-Knef-Platz, den Platz, der nach einer der prägendsten deutschen Künstlerinnen der Nachkriegszeit benannt ist. Gefallen würde er "Hilde" kaum, allerdings hat sie in unmittelbarer Umgebung einen Teil ihrer Kindheit verbracht: in der Sedanstraße Nr. 68, heutige Leberstraße. Das Haus steht nicht mehr, schräg gegenüber wurde Marlene Dietrich geboren. Die beiden Diven sollten sich Ende der Vierziger Jahre in den USA kennen lernen; sie verband anschließend eine jahrelange Freundschaft.
Das Licht der Welt erblickte die Knef nicht in Schöneberg, wie immer mal wieder fälschlicherweise berichtet wird, sondern in Ulm, am 28. Dezember 1928. Der Vater starb im folgenden Jahr an Syphillis woraufhin die Mutter Frieda mit der Tochter nach Berlin zog; zunächst in die Sedanstraße 33, wenig später in die Nr. 68. 1933 heiratete Frieda den Schuhmachermeister und Lederfabrikbesitzer Wulfestieg und zog mit Hilde nach Friedenau. Nach der mittleren Reife begann die 15jährige eine Ausbildung als Zeichnerin bei der UFA, wurde dort entdeckt, startete eine Schauspielerausbildung und bekam noch vor Kriegsende die ersten kleinen Rollen.

Den Durchbruch schaffte sie 1946 in dem Wolfgang-Staudte-Film "Die Mörder sind unter uns", Hollywood-Produzent David O. Selznick lockte sie 1948 nach Hollywood, wo ihr allerdings keine Rollen angeboten wurden.
Noch heute ist der Film "Die Sünderin" von 1950 ein Begriff und wird mit Hildegard Knef verbunden, die kurz nackig durchs Bild lief. Der Protest gegen den Film sowie dessen zeitweises Verbot waren allerdings entgegen heute immer wiederholter Meinung nicht auf die Nackt-Szene zurückzuführen. Hintergrund waren eher die Themen des Films: Prostitution und Tötung auf Verlangen. Auch damals galt schon die Regel, dass ein saftiger Skandal die beste Werbung ist - sieben Millionen Zuschauer sahen sich den Streifen an. Gleichzeitig startete die Knef ihre Gesangskarriere und veröffentlichtete 1951 mit "Ein Herz ist zu verschenken" ihre erste Schallplatte.
Zurück in den USA trat sie in einem Musical am Broadway auf (Silk Stockings von Cole Porter) überwarf sich jedoch mit Fox und kehrte 1957 nach Deutschland zurück. Ihre Karriere hatte bereits ihren Höhepunkt erlebt, in den folgenden Jahrzehnten machte die Knef vor allem Schlagzeilen mit Schulden, Schönheitsoperationen und Krankheiten. Als Sängerin und später auch als Buchautorin (Der geschenkte Gaul) waren ihr immer mal wieder kurzzeitige Erfolge vergönnt, doch als Schauspielerin konnte sie keinen bleibenden Eindruck mehr hinterlassen.
Am 7. Februar 2002 verstarb Hildegard Knef in Berlin im Alter von 77 Jahren nach einem wahrlich rastlosen Leben an den Folgen einer Lungenentzündung; ihr Grab kann man auf dem Waldfriedhof in Zehlendorf besuchen.
Ihr ehemaliger Manager meinte übrigens zur Platzwahl am Südkreuz: "Er steht dafür, dass Schönes nicht immer vollkommen ist."
Hildegard-Knef-Platz am Südkreuz

2 Kommentare:

  1. Heute,am 15.8.12, wurde mit großer Beteiligung eine Tafel am Haus Leberstraße 33 eingeweiht, die der Knef gewidmet ist. Auch wenn sie in diesem Haus ja offenbar nur kurze Zeit verbrachte, ist es besser als nichts. Die Zahl ihrer Bewunderer, unter denen sich Staatsekretär Schmitz einreihte, scheint immer noch groß zu sein. Ein kleines Ereignis.

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  2. Danke für den Hinweis, ich konnte heute leider nicht dabei sein, werde aber morgen mal vorbeischauen und ein Foto machen!

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