Samstag, 17. Mai 2014

Fernbus-Station Südkreuz

Haltestelle am Südkreuz
Letztes Jahr war Meinfernbus der Vorreiter - mit offensichtlich durchschlagendem Erfolg. Viermal täglich schickte der private Betreiber seine Busse von der Autobahn zum Zwischenstopp ans Südkreuz, um dort weitere Fahrgäste auf dem Weg nach Dresden einzusammeln. Erst wurde eine kleine Haltestelle am Hidegard-Knef-Platz eingerichtet, dann ein Wartehäuschen aufgestellt und seit diesem Monat wurde das Angebot auf sieben Verbindungen ausgeweitet. Die Idee fanden offensichtlich auch andere Unternehmen überlegenswert, und so gibt es momentan wochentags 14 (!) Verbindungen vom Südkreuz in die Sachsen-Hauptstadt, am Sonntag sind es sogar 17. Um 7.25 fährt der erste Bus von Meinfernbus, Flixbus bietet vier weitere Fahrten an und das bahneigene Unternehmen Berlinlinienbus versucht es nun auch mit drei Bussen pro Tag, wobei hier der späteste um 21.00 Uhr abfährt.

Dass letzteres Unternehmen jetzt auch ins Geschäft am Südkreuz eingestiegen ist, mag auch erklären, dass die Bahn als Verantwortliche für den Vorplatz den kleinen Wartebereich eingerichtet hat, mitsamt dem neuen Schild mit der offiziellen Bezeichnung „Fernbus-Station Südkreuz“. Noch fehlen zwar Hinweise im Bahnhof auf den Abfahrtsort, dennoch scheinen genug Reisende den Weg zu den Bussen zu finden. Ein Großteil der ankommenden Fahrgäste verzichtet auf die Weiterfahrt bis zum Zentralen Omnibusbahnhof  (ZOB) am Funkturm und nutzt die wesentlich komfortableren Verbindungen von Berlins zweitgrößtem Fernbahnhof.

Die Frage ist: Werden hier Fakten geschaffen hinsichtlich eines neuen Standorts für den aus allen Nähten platzenden und schmuddeligen ZOB? 

Zum Hintergrund: Seit Jahren wird in Berlin darüber diskutiert, ob und - wenn ja - wo ein zweiter Standort geschaffen werden soll. Das Südkreuz stand immer mal wieder in der Diskussion, genügend Brachflächen rund um den Bahnhof würden ja existieren, der Autobahnanschluss ist geradezu ideal und die Entwicklung des Bahnhofsumfelds macht seit Jahren keinerlei Fortschritte. Dagegen spräche allerdings die relative Nähe zum alten Standort.
Nicht viel weiter entfernt, aber vom Senat anscheinend favorisiert, wäre ein möglicher Standort am Tempelhofer Feld. Angesichts des anstehenden Volksentscheids am 25. Mai gewinnt man allerdings den Eindruck, dass diese Pläne vom Senat doch lieber etwas versteckt werden - ein Busbahnhof passt vermutlich nicht ganz in die aufgeheizte Stimmung. So wird zwar ein ZOB“ in einer Masterplan-Broschüre des Senats in den Plänen verzeichnet, im Text findet man allerdings keinen Hinweis oder auch nur eine Aufklärung, was damit überhaupt gemeint ist. Falls die Abstimmung für den Regierenden ungünstig ausgeht (und darauf wollen wir alle hoffen!), sind diese eventuellen, möglichen, Mal-Schauen-Pläne eh wieder Makulatur.

Der dritte Standort, von den Busbetreibern favorisiert, ist der Ostbahnhof, von dem ebenfalls bereits jetzt vereinzelte Fahrten starten. Für diesen Standort würde die größere Entfernung vom existierenden ZOB sprechen, allerdings existiert hier kein naheliegender Autobahnanschluss, die Busse müssten sich erst durch den Berliner Stadtverkehr quälen.
Sorge muss man allerdings keine haben, dass sobald eine Entscheidung fällt. Der Senat schiebt auch diese Entscheidung seit Jahren vor sich her - dass der Busverkehr mit der Aufhebung des Monopols für die Deutsche Bahn explodieren würde, wusste man zwar seit Jahren, aber das hat die Berliner Politik schließlich noch nie angefochten, siehe Berliner S-Bahn, siehe BER, siehe Schulpolitik etc. Als nächstes soll der alte ZOB zunächst einmal, vielleicht, irgendwann, ein wenig ertüchtigt werden.

Wie sich der Verkehr am Südkreuz entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Bislang werden lediglich Verbindungen nach Dresden angeboten. Solange keine wirklich attraktive Bahnverbindung existiert (und die Dresdner Bahn nicht wieder aufgebaut wird - auch so ein Berliner Projekt), wird der Bedarf weiter hoch sein. Ob sich weitere Zielorte lohnen, werden wohl die Betreiber entscheiden. Doch irgendwann könnte auch der Platz am Südkreuz knapp werden.

1 Kommentar:

  1. Südkreuz als ZOB-Standort ist eigentlich nur konsequent. Der Bahnhof scheint sich so allmählich zum heimlichen Hauptbahnhof zu entwickeln. Der Ostbahnhof wäre anbindungsmäßig zu ungeeignet, und am Hbf wird der Platz ja leider für "wichtige" Hotels und Bürokomplexe gebraucht.

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